Hrotsvit von Gandersheim: Abraham: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 10. Mai 2021, 11:23 Uhr
Autorin
Hrotsvit von Gandersheim (ca. 935–973) war eine Stiftsdame im Stift Gandersheim (heute Niedersachsen), die evtl. aus einer sächsischen Adelsfamilie stammte. Über ihr Leben ist ansonsten nur wenig bekannt. Sie schrieb geistliche Gedichte über Heilige (Carmina), sechs Dramen sowie historische Dichtung (über die Ottonen, über das Stift Gandersheim). Ende des 15. Jahrhunderts entdeckte der deutsche Humanist Conrad Celtis eine Hrotsvit-Handschrift, 1501 erschien die von Albrecht Dürer illustrierte editio princeps, wodurch die Dichterin weithin bekannt wurde. Sie wurde für ihre Bildung gelobt und (in anachronistischer Weise) als erste deutsche Dichterin gefeiert.
Werk
Abraham ist eines von sechs Dramen aus der Feder Hrotsvits. Diese Dramen sollten eine Alternative zu den Komödien des Römers Terenz darstellen, die damals als Schullektüre gelesen wurden, aufgrund ihres erotischen und nicht-christlichen Inhaltes jedoch nicht ideal für den Klosterkontext waren. Abraham erzählt die Geschichte des Eremiten Abraham und seiner Nichte Maria: Diese verpflichtet sich zunächst zu einem keuschen Leben als Jungfrau, bricht dann aber ihr Gelübde. Aus Scham flieht sie und wird zur Prostituierten. Abraham bewegt sie schließlich zur Umkehr und Reue. Fortan lebt sie ein frommes Leben als Büßerin. Das Stück ist, wie alle Dramen Hrotsvits, stark moralisierend.
Besonderheiten
Bei Hrotsvits Stücken handelt es sich vermutlich um Lesedramen, die nie aufgeführt wurden. Der Abraham ist komplett als Dialog verfasst: Informationen über Ortswechsel oder das Bühnenbild werden durch das Gesagte selbst vermittelt, es gibt also keine Bühnenanweisungen oder Erzählerpartien. Hrotsvit verwendet nicht die Versmaße der römischen Komödie, bemüht sich aber durchaus um die sprachliche Gestaltung des Textes, nutzt z.B. den Reim als dichterisches Mittel, das der Antike fremd war. Das Vokabular ist nicht ausschließlich klassisch, sondern häufig auch biblisch-ekklesiastisch geprägt (z.B. peccamen, gaudimonium, glorificare, iubilatio).
Weiterführende Literatur
Arndt, Kirsten / Bautz, Friedrich Wilhelm: Hroswitha von Gandersheim. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bd. 2, Hamm 1990, Sp. 1095–1097.
Düchting, Reinhard: Hrotsvit. In: Lexikon des Mittelalters Bd. 5, München / Zürich 1991, Sp. 148–149.
Kuhn, Hugo: Hrotsviths von Gandersheim dichterisches Programm. In: Hugo Kuhn: Dichtung und Welt im Mittelalter, Stuttgart 1959, S. 91–104.
Newlands, Carole E.: Hrotswitha’s Debt to Terence. In: Transactions of the American Philological Association 116 (1986), S. 369–391.
Rädle, Fidel: Hrotsvit von Gandersheim. In: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Aufl., Bd. 4, 1983, Sp. 196–210.
Wailes, Stephen L.: Beyond Virginity. Flesh and Spirit in the Plays of Hrotsvit of Gandersheim. In: Speculum 76 (2001), S. 1–27.