Die beiden Vatikanischen Konzile

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Unfehlbarkeitsdogma und Erklärung der Religionsfreiheit – zwei konträre Textausschnitte aus zwei verschiedenen Konzilen

Was ist überhaupt ein Konzil?
Ein Konzil im Sinne der katholischen Kirche ist die Versammlung von Kardinälen, Bischöfen und anderen höheren Würdenträgern zum Zwecke der Diskussion und Erörterung von theologischen und anderen, die Kirche betreffenden Fragen. Meist werden dabei auch in theologischen Streitfragen richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Diese kirchenpolitische Einrichtung gibt es schon seit der Frühzeit der katholischen Kirche, sie ist aber keineswegs eine sehr häufig angewandte Praxis, um kirchliche Lehren zu diskutieren: So waren die letzten beiden ökumenischen Konzile (so genannt, weil sie den ganzen bewohnten Erdkreis (griechisch: οἰκουμένη) betrafen) die beiden Vatikanischen in den Jahren 1869–1870 bzw. 1962–1965. Als Synoden dagegen bezeichnet man heute in der katholischen Kirche die beträchtlich kleineren Zusammenkünfte von Bischöfen bzw. kirchlichen Würdenträgern, die zwar mit einer gewissen Regelmäßigkeit tagen, aber in ihrer Entscheidungsgewalt viel eingeschränkter sind.

Das Erste Vatikanische Konzil
Während des Pontifikats von Papst Pius IX. (Papst von 1846–1878) tauchte wiederholt der Gedanke auf, ein Konzil einzuberufen, das schützende Dämme gegen glaubensgefährdende Ideologien errichten sollte. 1869 traf sich der Weltepiskopat in Rom zur Diskussion von 20 Vorlagen, die von fünf vorbereitenden Kommissionen erarbeitet worden waren. Schon im Vorfeld warnten einige katholische Vordenker wie Ignaz von Döllinger vor neuen Dogmen, die weitere Hindernisse innerhalb der Kirche aufbauen und die Öffnung der Kirche zur Welt vollkommen blockieren könnten. Das katholische Kirchenvolk dagegen stand dem Konzil relativ gleichgültig gegenüber. Dennoch gewann in der öffentlichen Meinung bald die Auffassung Oberhand, das Konzil sei nur einberufen worden, um die Unfehlbarkeit des Papstes für amtlich gültig zu erklären und dessen Vorrechte zu festigen. In der Konzilsaula zeichnete sich schließlich eine Spaltung der Bischöfe ab: Eine den Ausbau des päpstlichen Primats (also seines Vorranges) favorisierende Mehrheit stand einer Minderheit gegenüber, die eine stärkere Öffnung der Kirche zur Welt befürwortete. Die Verkündigung der vatikanischen Beschlüsse, namentlich die Unfehlbarkeit des Papstes und dessen Jurisdiktionsprimat, erfolgte dann im Jahre 1870. Aus Protest gegen diese Erklärungen und Entwicklungen innerhalb der katholischen Kirche gingen denn auch einige Katholiken in die Spaltung: Sie sammelten sich in der sogenannten Altkatholischen Kirche, die es auch in Österreich gibt.

Das Zweite Vatikanische Konzil
1959 erfolgte schließlich die Ankündigung des Zweiten Vatikanischen und bislang letzten Konzils der katholischen Kirche durch Papst Johannes XXIII. (Papst von 1958–1963). Im Amte folgte ihm Papst Paul VI. (Papst von 1963–1978) nach, der das Konzil fortführte. Sie fand eine positive, in katholischen Kreisen teilweise euphorische Aufnahme und erlangte medial eine weit größere Aufmerksamkeit als noch jene des Vorgängerkonzils. Dies war unter anderem dem Umstand geschuldet, dass der Papst das Konzil unter das „Motto“ aggiornamento stellte, was so viel meinte wie die Öffnung der Kirche zur Welt und ihre Anpassung an heutige Verhältnisse. In vier Sitzungsperioden verabschiedete das Konzil von 1962–1965 zahlreiche Beschlüsse. Die liturgischen Reformen (zum Beispiel die Zulassung der Muttersprache, was aber gleichzeitig die Zurückdrängung des Lateinischen bedeutete), das Ökumenismus-Dekret (gegenseitige Anstrengung der christlichen Konfessionen zur Wiedererlangung der Einheit, also die Zusammenarbeit mit Orthodoxen, Lutheranern etc.), das neu gefasste kirchliche Selbstverständnis gegenüber der modernen Welt sowie die Erklärung zur Religionsfreiheit berührten das kirchliche Leben unmittelbar. Die Öffnung, die das Konzil brachte, förderte die gesellschaftlich-kulturelle Integration der katholischen Kirche in die Welt von heute und führte zu einer Neupositionierung. Sie intensivierte die Zusammenarbeit der Konfessionen. Wie beim Ersten Vatikanischen Konzil traten Polarisierungen vor allem nach dem Konzil zutage, was sich auch in neu entstandenen Bewegungen – vor allem erzkonservativer Art – wie vorrangig derjenigen des Bischofs Marcel Lefebvre äußerte. Letzterer gründete schließlich auch die Piusbruderschaft, die auch medial immer wieder für Schlagzeilen sorgte und – wie schon die Altkatholiken nach dem Ersten Vatikanischen Konzil – in die Kirchenspaltung mit der Großkirche ging. Die vom Konzil letztlich unterschätzte Glaubens- und Kirchenkrise am Ende des 20. Jahrhunderts im Kontext der Säkularisierung (das bedeutet Verweltlichung) gab zusätzlich Anlass zu Spannungen nach der Abhaltung des Konzils.

Adaptiert, aber aufbauend auf: Conzemius Victor: Vatikanische Konzile, online verfügbar unter: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17243.php [5.5.2017]. Ergänzt durch detaillierte Informationen aus: Sierszyn Armin, 2000 Jahre Kirchengeschichte.  

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