Desiderius Erasmus von Rotterdam: Iulius exclusus e coelis
1. Der Autor und das Werk
Erasmus von Rotterdam (1466-1536) ist mit Sicherheit einer der bekanntesten und einflussreichen Humanisten. Oft wird er als Fürst der Humanisten bezeichnet. Ohne ihn ist die Renaissance und die Reformation kaum denkbar und somit eine zentrale Figur in der Entstehung der heutigen Europas. Seine Schriften und Einflüße erstrecken sich von der Theologie über Philologie bis zur Philosophie. Die Schrift Julius exclusus zählt neben den Adagia, dem Enchiridion und dem Lob der Torheit zu seinen berühmtesten Werken. Erasmus übte zwar eine starke Kritik an der Korruption des Papsttums und der Kurie Roms aus, lehnte dennoch diese Institutionen an sich nicht ab und distanzierte sich sowohl aus einer kirchlichen als auch einer theologischen Perspektive von den Ansätzen Luthers. In Bezug auf die Frage nach dem freien Willen oder dem Sinn der Kirche vertraten sie gegensätzliche Ansichten. Der Ablasshandel und die Verweltlichung der Kirche war aber für beide ein Dorn im Auge. In dieser Hinsicht waren die Argumente von Erasmus für die Anhänger der Reformation sehr interessant und gut zu gebrauchen. Die Tragweite seiner eigenen Gedanken war für Erasmus selbst problematisch, der die Kirche und das Papsttum trotz aller Kritik im Kerne verteidigte
2. Julius exclusus e coelis
Iulius exclusus e coelis ist ein satirischer Dialog, der Erasmus von Rotterdam zugeschrieben wird. Der Papst mit einem Schar bewaffneter Soldaten klopft an die Himmelstür, wo ein Gespräch mit Petrus, dem Wärter der Himmelstore, stattfindet. Der christlichen Vorstellung nach obliegt dem Heiligen Petrus die Entscheidung, ob man nach dem Tod den Himmel betreten oder nicht. Vom ersten Satz an entpuppt sich der gestorbene Papst Julius als ein treues Abbild des Antichristen. Julius ist der Inbegriff dessen, was ein guter Christ der Lehre Christi nach verachten sollte und repräsentiert auf diese Weise den Untergang der Kirche Roms. Andererseits gilt Julius als Erneuerer Roms und Mäzen von Künstlern. Er war der Bauherr der neuen Peterskirche und vermehrte durch seinen Ehrgeiz die Macht und Pracht der Kirche und des Kirchenstaates. Julius gründete 1506 die päpstliche Leibwache Schweizergarde, die man im Dialog als latrones exercitatissimos auf seiner Seite erkennen kann. Er verstand das Amt des Papsttums eher im Sinn eines italienischen Territorialfürstes und beschäftigte sich intensiv mit Kriegszügen und Bündnispolitik. Theologie, Glauben und Verachtung des Welt stellten also nicht seine Schwerpunkte dar. Mit dem Dialog wird das Papsttum und die Kurie Roms an den Pranger gestellt. Verweltlichung, Machtbesessenheit, Simonie, Mord, Blutschande, Gottlosigkeit... es gibt kaum ein Laster bzw. ein verwerfliches Verhalten, das sich die Kirche nicht habe zu schulden kommen lassen. Da eine scharfe und direkte Kritik an dem Papst zur Verfassungszeit nicht ohne Folgen geblieben wäre, erschien die satirische Schrift anonym und ohne Zeit- und Ortsangabe. Die Autorschaft Erasmus gilt dennoch in der Forschung aus mehreren Gründen als gesichert. Die Ersterscheinung des Dialogs ist mit großer Wahrscheinlichkeit 1517, im Jahr also des Thesenanschlag. Die Anhänger der damals entstehenden Reformation sahen in der Schrift eine Waffe gegen das Papsttums und die Verweltlichung der Kirche Roms.
3. Weiterführende Literatur
Zur Einführung J. Huizinga: Erasmus, Basel 1928. Zum Dialog: P. Fabisch: Iulius exclusus e coelis. Motive und Tendenzen gallikanischer und bibelhumanistischer Papstkritik im Umfeld des Erasmus. Münster, 2008.